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Es gibt Werbung für die girocard (ja, wirklich!)

Genug mit diesem “girocard ist besser als Visa und Mastercard”-Blabla.

Ich surfe so auf LinkedIn, sehe dieses Werbevideo für die girocard und denke: “Oh, die gibt’s noch?” Klar, dass sie für Aufmerksamkeit sorgen müssen, weil kaum jemand außerhalb von Deutschland weiß, dass die girocard existiert. Aber dann dieses aggressive Marketing, das internationale Karten wie Visa oder Mastercard quasi als teures Feindbild darstellt – das geht mir echt auf die Nerven.

Die EURO Kartensysteme GmbH haut in ihrer Werbung raus, dass die girocard “spürbar geringere Akzeptanzgebühren” hätte. Das klingt erst mal super, oder? Günstiger für Händler*innen, also automatisch besser. Und natürlich wird das mit einer “Studie” untermauert, die sie selbst in Auftrag gegeben haben. Wow, wie überraschend, dass die girocard da gut abschneidet.

Aber lass uns mal ehrlich sein: Diese Hetze gegen Kreditkarten ist nicht nur billig, sie ist auch völlig verfehlt.

Die ewige Gebührenkeule

Okay, wir haben’s verstanden. Visa und Mastercard sind teurer. Aber wie teuer? Die Studie redet von bis zu 1,39 % Gebühren bei internationalen Kreditkarten gegenüber 0,19 % bis 0,31 % bei girocards. Klingt krass, oder? Aber wie groß ist der Unterschied wirklich, wenn man sich die Centbeträge anschaut? Richtig, meistens nicht der Rede wert.

Ich meine, wir reden hier nicht von horrenden Kosten, die Händler*innen in den Ruin treiben. Ein 3-Euro-Artikel kostet mit der girocard ungefähr einen Cent an Gebühren, bei der Kreditkarte vielleicht 4 Cent. 4 Cent! Ist das jetzt wirklich der Unterschied, an dem deine Existenz hängt?

Implizite Hetze ohne Substanz

Was mich dabei so nervt, ist nicht mal die Diskussion über Gebühren an sich. Sondern wie krampfhaft die girocard als “beste Lösung” dargestellt wird, während internationale Karten schlechtgeredet werden – basierend auf dem Kostenaspekt. Natürlich ist die girocard günstiger – in Deutschland. Und natürlich funktioniert sie hier super, weil alle Kassensysteme darauf abgestimmt sind. Aber mal ehrlich: Versuch doch mal, außerhalb von Deutschland mit einer girocard zu zahlen. Spoiler: Es wird wahrscheinlich nicht klappen.

Visa und Mastercard sind weltweite Standards. Sie bieten Kund*innen Flexibilität, einfache Nutzung und – vor allem – die Möglichkeit, überall zu zahlen. Händler*innen profitieren davon, weil sie international zahlende Kund*innen anziehen. Das sind Vorteile, die man mit ein paar Cent Gebührenunterschied einfach nicht wegdiskutieren kann.

Fetzige Werbevideos: Einmal durchgerechnet

Angekommen auf der Landing Page der girocard-Kampagne (hübsch gemacht), wird man direkt von einem Videokarussell begrüßt, das uns jeweils zeigt, warum die girocard so saugeil für Händler*innen ist.

Aber rechnen wir doch mal den Gebührenanteil durch:

Basierend auf der von der EURO Kartensysteme GmbH selbst in Auftrag gegebenen Studie nehmen wir hier jeweils die Höchstsätze der Zahlungsmittel.

Das ist

  • 0,31 % für die girocard
  • 0,60 % für internationale Debitkarten
  • 1,39 % für internationale Kreditkarten

Klar geht es jeweils noch teurer, aber auch günstiger. Wenn man es auf die Spitze treiben möchte, kann man sich mit PayPal beispielsweise als Händler eine der teuersten Zahlungsmethoden ans Bein binden. Hier werden ca. 3 % + Fixgebühr pro Umsatz fällig.

Beispiel Kaffee: 3,60 Euro

  • 0,0112 Euro für die girocard
  • 0,0216 Euro für die internationale Debitkarte
  • 0,0500 Euro für die internationale Kreditkarte

Beispiel Longpapes: 4,20 Euro (…)

Einbetten wird geblockt, abrufen kannst du das nicht weniger „interessante“ Video hier: https://girocard.s3.eu-central-1.amazonaws.com/241122_Girocard_JaaMan_Mainfilm_30’_16x9_MASTER_FHD_WEB.mp4

  • 0,0130 Euro für die girocard
  • 0,0252 Euro für die internationale Debitkarte
  • 0,0584 Euro für die internationale Kreditkarte

Beispiel Döner: 7,00 Euro

  • 0,0217 Euro für die girocard
  • 0,0420 Euro für die internationale Debitkarte
  • 0,0973 Euro für die internationale Kreditkarte

Beispiel Essen: 130,00 Euro

Video hier: https://girocard.s3.eu-central-1.amazonaws.com/241125_Girocard_KampfDerKarten_Mainfilm_30’_16x9_MASTER_FHD_WEB.mp4

  • 0,4030 Euro für die girocard
  • 0,7800 Euro für die internationale Debitkarte
  • 1,8070 Euro für die internationale Kreditkarte

Girocard: Günstig, aber provinziell

Das eigentliche Problem der girocard ist nicht der Preis. Es ist ihre beschränkte Reichweite und die Tatsache, dass sie sich im Ausland schlicht nicht durchgesetzt hat. Und anstatt diese Schwäche zu adressieren, wird lieber gegen Kreditkarten geschossen, als ob die das Problem wären.

Es nervt mich einfach, wie kleingeistig diese Debatte geführt wird. Klar, die girocard ist für Händler*innen billiger. Aber wenn du als Händler international mitmischen willst oder deinen Kund*innen maximale Flexibilität bieten möchtest, kommst du an Visa oder Mastercard nicht vorbei.

Das eigentliche Problem: Kartenzahlung ist zu transparent – Bargeld hat “unsichtbare” Kosten

Eine Theorie, warum Kartenzahlung – egal ob girocard, Visa oder Mastercard – gerade bei kleinen Buden so einen schlechten Ruf hat, ist ihre sichtbare Transparenz. Bei jeder Transaktion siehst du sofort, was an Gebühren fällig wird. Und ja, ich kann verstehen, dass es schmerzt, wenn man diese paar Cent für jede Mini-Zahlung einzeln sieht. Es fühlt sich an wie ein direkter Eingriff ins Geschäft – weil es eben klar zugeordnet werden kann.

Bargeld hingegen? Das hat auch Kosten. Aber die sind diffus, kaum greifbar: Du musst Wechselgeld beschaffen, es zählen, sicher aufbewahren und irgendwann einzahlen. Zeit, Arbeitsaufwand und Risiko (zum Beispiel Diebstahl) spielen hier rein – doch das alles taucht nicht als sauberer Posten auf. Stattdessen gesellt sich das zu den normalen Betriebskosten. Niemand stellt sich hin und rechnet aus: “Heute hat mich die Bargeldabwicklung 3 % gekostet.” Weil es nicht direkt messbar ist, fühlt es sich kostenlos an. Aber glaub mir, das ist es nicht.

Kritische Bedenken: Privatsphäre und soziale Teilhabe

Neben den nervigen Gebührendiskussionen gibt es natürlich noch echte, berechtigte Kritikpunkte an Kartenzahlung. Da wäre zum einen das Thema Privatsphäre. Wir müssen uns nichts vormachen: Ob du mit Visa, Mastercard oder PayPal bezahlst, irgendwo sitzen riesige Konzerne (oft in den USA), die ziemlich genau wissen, wann du wo (vielleicht auch was) gekauft hast. Und ja, das ist ein Problem. Niemand will, dass die eigene Zahlungsabwicklung zu einem Datensatz wird, der möglicherweise ausgewertet, verkauft oder missbraucht werden könnte.

Zum anderen gibt es da den Punkt der sozialen Exklusion. Nicht jede*r hat Zugang zu einem Konto oder einer Karte. Obdachlose, Menschen ohne geregelten Wohnsitz oder in anderen schwierigen Lebenslagen sind oft auf Bargeld angewiesen. Wenn ein Geschäft oder eine Bude Kartenzahlung zur einzigen Option macht, schließt das eine Gruppe von Menschen automatisch aus dem Zahlungsverkehr aus. Das ist ein ethisches Dilemma, das wir nicht ignorieren können, auch wenn es die Mehrheit vielleicht nicht betrifft.

Mein Fazit: Schluss mit dem Kleinkrieg

Ich kann dieses Gebashe gegen Kreditkarten nicht mehr hören. Akzeptiert doch einfach, dass die girocard ihre Nische hat – und gut ist. Wer sich ausschließlich auf sie verlässt, verpasst die Chancen, die internationale Zahlungsanbieter bieten. Und die EURO Kartensysteme GmbH? Die könnte sich ihre Marketingbudgets lieber sparen, anstatt mit pseudoobjektiven Studien Stimmung gegen den Rest der Welt zu machen.

Also, wie wär’s, wenn wir uns alle darauf konzentrieren, Kund*innen das Leben einfacher zu machen, anstatt sie mit Zahlungsbeschränkungen zu nerven? Das wäre wirklich mal ein Fortschritt.

Hast du eine Meinung hierzu? Was sind deine Erfahrungen als Gewerbetreibende*r? Schreibe gerne einen Kommentar (solange möglich) oder an die simon@….

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